Von Nadya Moussa
An Kurban erinnert sich die Ummah der Muslime an Ibrahim (a.s.). Und an das Opfer, das er Allah gegenüber erbracht hat: Allah nichts beizugesellen, weder im Glauben, noch im Herzen. Kurban lehrt uns zu teilen, mit denen, die weniger haben als wir. Es folgt die Geschichte dreier Menschen, die völlig unterschiedlich sind. Auch an Kurban.
Und plötzlich die doppelte Last
Mehreen Bibi lächelt. Verhalten blickt sie ihren Sohn an, der ihr bis zu den Rippen reicht. Sie sagt, sie sei froh. Es ist das Lächeln einer Frau, die ein einfaches Leben führt. Ihr Gesicht strahlt eine Ruhe aus, die viele in dieser schnelllebigen Zeit suchen. Wo sie diese Ruhe hernimmt, weiß Allah allein. Ihre linke Hand ruht sanft auf der Schulter ihres Jungen. Seine weit aufgerissenen Augen verraten seine Furcht. Kerzengerade lehnt er mit dem Rücken an seiner Mutter; die Arme leicht nach hinten gezogen. Sein roter Zweiteiler ist stellenweise schwarz vor Schmutz. Er ist wohl noch nie fotografiert worden. Wahrscheinlich hat er in seinem Leben auch noch nie eine Kamera gesehen. Neben ihm liegt eine geschächtete Ziege, der das Fell abgezogen wurde, auf einem Tisch mit dunklem Glas. Sie ist fast so groß, wie er. Auch das wird er wohl vorher nie gesehen haben. Die Ziege haben Mitarbeiter der SRDO, unserer Partner in Pakistan, der Familie überreicht. Zu Kurban. Als Geschenk von unseren Spendern.
Viele unserer Spender fragen uns telefonisch, nach den Ländern, in denen muslimehelfen die Kurban-Aufträge umsetzt. In unseren Projektländern setzen wir über das Jahr verteilt über 100 Projekte um, 19 davon zu Kurban. Diese Zahl lässt uns die Schächtungen überblicken und verantworten. Außerdem stellen wir so sicher, dass Ihr Kurban auch Bedürftige erreicht.
Mehreen Bibi ist Witwe. Die Armut sieht man ihr nicht an. Aber das fremde Auge sieht nicht immer das, was für manche Realität ist. „Mein Mann ist vor zwei Jahren gestorben.“, erzählt sie, „Ich habe vier Kinder. Aber ich bin wirklich froh, weil meine Kinder glücklich sind. Ich habe keine Worte, um der SRDO und muslimehelfen zu danken.“ Für ihre Kinder muss sie den Vater ersetzen. Seinen Platz auszufüllen, ist in einem Land wie Pakistan nicht einfach, aber leider auch nicht selten. Die Nähe zu Afghanistan lässt das Land nicht zur Ruhe kommen. Besonders die Khybergegend um Peschawar herum ist unsicher. Mehreen Bibis Schicksal teilen viele. Neben ihr erhielten noch 42 weitere Familien eine ganze Ziege. Die meisten Familien sind vaterlos.
Hilfe, wie zu Kurban, stellt einen Segen dar, der zwar nur kurz anhält. Hilfsbedürftigen Menschen bedeutet er aber viel. Er lässt sie hoffen, dass die Hilfe nicht versiegt. Auch über Kurban hinaus nicht. Es spendet Trost, zu wissen, man wurde nicht vergessen.
Ein unvergesslicher Tag
Äthiopien liegt tausende Kilometer von Pakistan entfernt auf einem anderen Kontinent. Es ist eines der Länder, das seit frühester Zeit eng mit dem Islam verbunden ist. Zur Zeit der Hidschra fanden Hilfe suchende Muslime unter Dschafar (r.a.) im damals christlichen Äthiopien Zuflucht und Schutz vor den Quraisch. Heute ist Äthiopien ein armes Land. Seine Wirtschaft stützt sich beinahe zur Hälfte auf die Landwirtschaft. Allerdings gehören alle Ländereien dem Staat, der sie in Parzellen an 85 % seiner Bürger verpachtet. Landwirtschaft ist harte Arbeit. Aber Dürren sind keine Seltenheit. Sie wirken sich verheerend auf die Wirtschaft aus: Das Pro-Kopf-Einkommen des Landes ist das niedrigste weltweit. Die Bevölkerung leidet darunter.
Kifaya Jiloo aus Garbigoba seufzt, als er von sich erzählt: „Meine Geschichte ist lang, aber ich werde sie kurz halten. Ich habe meine ganze Familie vor dreißig Jahren im Krieg verloren. Ihr habt es mir heute erspart, von Haus zu Haus zu gehen und nach Fleisch zu fragen. Ich esse gerne Fleisch. Aber ich kann es mir einfach nicht leisten. Heute habe ich ein Hammelfleisch für zwei Personen bekommen. Das hätte ich nie erwartet. Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich denen bin, die in diese Gegend gekommen sind. Heute ist ein unvergesslicher Tag für mich. Möge Allah euch nicht vergessen. Allahu akbar, Allahu akbar, Allahu akbar.“
Kurban erinnert uns Muslime auch daran, Allah zu vertrauen, rechtschaffen zu sein und dankbar für Seine Gnaden.
Das erste Kurban
Erst überschwemmte ein Tsunmai Haiti. Und die Schäden waren noch nicht beseitigt, da kam auch schon Hurrikane Sandy. Die Armut steigt an. Auch Jaabir lebt auf Haiti. Er ist 20 Jahre alt und gerade Muslim geworden. Sein erstes Kurban war ein Grund zur Freude. Nicht nur für ihn: „Meine Familie ist sehr groß. Ich danke euch von Herzen für das Kurban-Fleisch; es hat meiner Familie und meinen Freunden sehr geholfen. Normalerweise essen wir Reis und Bohnen. Aber das Kurban-Fleisch war ein großer Segen für uns. Meine Mutter hat Suppe damit gemacht. Meine Familie hat sich richtig gefreut: Wir hatten so lange kein Fleisch. Meine Familie und Freunde danken euch dafür. Möge Allah euch segnen. Jazakum Allah.“
muslimehelfen hat die Kurban-Aufträge seiner Spender im Jahr 2012 in vierzehn Ländern umgesetzt. Nähere Informationen lesen Sie in den einzelnen Projektberichten auf unserer Webseite unter muslimehelfen.org/projekte/kurban.