Isoliert im Winter

Von Nadya Moussa

Der Ausdruck Sibirische Kälte ist längst ein geflügeltes Wort geworden. Was wir hier aber so leichtfertig in den Raum werfen, um einen eisigen Winter auszudrücken, ist für viele Menschen Jahr um Jahr schmerzliche Realität.

Der Winter 2012/2013 war dunkel und nass. Auch wenn die Bahn immer zu spät und manchmal einfach gar nicht kommt, die Autos freigekratzt und der Schnee von den Gehwegen geschippt werden muss, kommen die meisten von uns relativ glimpflich durch den Winter. Das ist nicht überall so. Denn in kaum einer Zeit ist Armut mehr zu spüren als im Winter. Wem das ganze Jahr über nicht einmal genug Geld bleibt, um sich und seine Familie ausreichend zu ernähren, den trifft der Winter schonungslos.

Brennholz zwischen Minen und Schnee

Ihre Häuser sind in ziemlich baufälligem Zustand. Doch Renovierungen sind teuer und die finanziellen Mittel dazu fehlen ihnen. Durch Ritzen im Mauerwerk pfeift der Wind ins Innere. Brennholz ist zwar in Hülle und Fülle vorhanden. Denn die Dörfer in den Bergen Tschetscheniens sind von Wald umgeben. Doch in den Wäldern liegen noch immer Minen aus. Ein Andenken an den Krieg, den auch ohne sie keiner vergisst.

„Dies ist die schwierigste Zeit in meinem Leben,“ sagt Abdulla Gadzhiev. Er lebt schon sein ganzes Leben in dem Dorf Kenkhi. Sein Vollbart ist mittlerweile genauso weiß wie der Schnee vor der Tür.

Die Menschen sind arm. Hoch in den Bergen haben sie keinen Anschluss an die Gaspipelines, und damit auch keine Möglichkeit zu heizen. Abdulla Gadhziev hat eine große Familie. Alle warm zu halten, ist nicht leicht: „Ich habe drei Söhne und achtzehn Enkelkinder. Im Winter können wir nur unsere Küche warm halten. Wenn wir schlafen gehen, heizen wir unser Schlafzimmer nur für zwei bis drei Stunden. Wir sind sehr dankbar für das Brennholz. Bitte dankt denen in meinem Namen, die für dieses Geschenk gespendet haben.“

Nicht nur Brennholz ist kostbar, wie Abdulla Gadhziev weiß: „Wir haben keine Lebensqualität mehr hier. Früher konnten wir hier leben, weil wir Tiere hatten. Aber im Krieg haben die meisten Familien ihre Tiere verloren. Und seitdem hatten wir nie wieder die Möglichkeit, neue zu erwerben. Unser einziges Auskommen ist die Altersrente, durch die wir uns Salz, Brot, Zutaten für eine Suppe und Waschpulver kaufen können.“

Aber das Wenige, das sie sich leisten können, dann einzukaufen, ist in den tschetschenischen Bergen gar nicht so leicht. In den Dörfern gibt es keine Geschäfte. Zum Einkaufen müssen sie weit fahren. Transportmittel, wie Autos, haben sie in den Bergen aber nicht. Also warten sie geduldig, wie Madina Muskhadzieva. Sie lebt in Dai, einem Dorf in Schatoysky. „Wenn es regnet, ist es unmöglich unser Dorf zu erreichen. Es gibt hier weder Märkte noch Geschäfte. Wir müssen extra nach Schatoy fahren, ins Bezirkszentrum. Aber das ist sehr weit weg und wir haben keine Möglichkeit dorthin zu kommen. Normalerweise warten wir auf ein Auto, das alle zwei Wochen kommt, und kaufen dann Lebensmittel.“

Manchmal ist Hilfe einfacher gemeint als getan. Manche Orte sind nicht zu erreichen, sobald sich die Witterung ändert. Von der Außenwelt abgeschnitten, das klingt wie aus einem Katastrophenfilm. Für die Menschen in den Bergen Tschetscheniens ist es Alltag, wenn es regnet und besonders wenn es schneit.

Doch nicht nur Lebensmittel und Brennholz sind knapp. Zaira Dakaeva ist 36. Sie lebt in Gukhoy, einem Dorf in Itum-Kalinsky. Ihr Mann ist letztes Jahr bei einem Autounfall gestorben, seit dem kümmert sie sich allein um ihre drei Kinder. Arbeit würde sie wohl finden. Aber wer schaut dann nach ihren Kindern? Ihre Familie wohnt zu weit weg. Anfang 2013 erhielt sie ein Lebensmittelpaket und Decken. „Sie sind eine wertvolle Unterstützung. Ich liebe die Decken, sie sind so schön warm“, schwärmt sie.

muslimehelfen führt schon lange Hilfsprojekte für Tschetschenen durch, in Tschetschenien selbst, wie auch im nahen Ausland. Bereits 2001 versorgte muslimehelfen tschetschenische Flüchtlinge, die nach Georgien geflohen und dort in einem Flüchtlingscamp untergekommen waren. Im Winter darauf erhielten einige Flüchtlings-Familien Brennholz. Auch Lebensmittel wurden verteilt, um den Winter erträglicher zu machen. Finanziert haben das unsere treuen Spender, ohne die muslimehelfen nicht handeln könnte.

Winter in Peschawar

Pakistan ist nicht unbedingt ein Land, das man mit Winterkälte verbindet. Doch in den Bergen um Peschawar und Mardan wird es kalt. Im Winter fällt die Temperatur auf knapp über den Gefrierpunkt. Hinzu kommen Regenfälle, die in den Höhenlagen auch im Winter keine Seltenheit sind. Nässe im Winter ist nicht angenehm, da braucht man auch kein Eis, um zu frieren. Vor allem nicht, wenn man Hunger hat.

Anwar Khan, 63, Salim Khan im Bezirk Mardan

„Möge Allah euch dafür belohnen, dass ihr uns geholfen habt. Ich habe nichts zu Hause, aber ihr habt uns dieses Paket gegeben. Ich spüre, dass dieser Winter mit Hilfe des Pakets leicht für uns wird.“

muslimehelfen hat von Ende 2012 bis Anfang 2013 vier Winterhilfe-Projekte in drei Ländern durchgeführt: in Pakistan, Tatarstan und Tschetschenien. Dabei konnte alhamdulillah 514 Familien über den Winter geholfen werden. Möglich war dies durch Ihre Hilfe.

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