Die Gläubigen sind die Beschützer der Waisen

Waise wird im Koran auf Arabisch als „yatiim“ bezeichnet. Yatiim ist ein Junge oder Mädchen, das vor der Pubertät den Vater verliert. Unser Prophet (s) verlor bereits bevor er auf die Welt kam seinen Vater. Mit etwa sechs Jahren, nachdem seine Mutter starb, wurde er zu einer Vollwaise. Deswegen kannte er (s) aus eigener Erfahrung das Gefühl und die Schwierigkeiten, wie es ist als Waisenkind aufzuwachsen und als wahren Beschützer nur auf Allah zu vertrauen.

In der Stammesgesellschaft zur Zeit des Propheten (s) mussten viele Waisenkinder versorgt werden, da die Auswirkungen von Krieg und Kampf dies erforderten.

So wurden dem Propheten (s) auch Fragen über die Behandlung und Versorgung der Waisen im Islam gestellt: „…Und sie fragten dich nach den Waisen. Sag: Ihr sollt das tun, was für sie gut ist…“ (2:220). Aus der Geschichte von Anas bin Malik (r.a.) erfahren wir, wie ernst der Prophet (s) diese Anweisung seines Herrn nahm und wie liebevoll, barmherzig und fürsorglich er die ihm anvertrauten Waisen behandelte.

Umm Sulaim, die Mutter von Anas bin Malik (r.a.), bot dem Propheten (s) an, ihren Sohn in seine Dienste zu geben. Der Vater des kleinen Anas (r.a.) war verstorben und deshalb akzeptierte der Prophet (s) das Angebot der Mutter. Er nahm den klugen Anas in seine Obhut und kümmerte  sich fortan um seine Versorgung und Erziehung. Anas (r.a.) blieb etwa zehn Jahre in den Diensten des Propheten (s) und Überlieferungen berichten uns, dass er (s) ihn niemals grob behandelte oder mit ihm schimpfte. Der Gesandte Allahs (s) hielt selbst seine Frauen zurück, wenn Anas etwas angestellt hatte. Er (s) sagte nur: „Lasst den Jungen“.

Diese gute Behandlung wird im Koran mit ihsan (s. Koran 4:36) bezeichnet. Die Versorgung und Betreuung der Waisenkinder ist für Muslime nicht nur eine moralische Aufgabe, sondern eine islamische Verpflichtung. Gläubige im Islam beschützen Waisenkinder, erziehen sie zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft und gewinnen sie für die Gesellschaft. Unser geliebter Prophet (s) hat diejenigen, die Waisen aufnehmen oder sich um sie kümmern, die frohe Botschaft des Paradieses verkündet. Er (s) sagte: „Wer eine unter den Muslimen befindliche Waise aufnimmt und ihr zu essen und zu trinken gibt, den wird Allah sicherlich in Sein Paradies einlassen, vorausgesetzt er hat keine Sünden begangen, die nicht vergeben werden (d.h. Schirk).“ (Tirmidhi)

Waisenkinder brauchen in vielen Ländern auch heute noch Unterstützung, solange bis sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Sie brauchen Menschen, die dem Vorbild des Propheten (s) und seinen Gefährten (r.a.) folgen und sie regelmäßig unterstützen. So eine Person wird im Islam als wali (Plur.: awliya) bezeichnet. Sie wirken als Beschützer und Helfer, da sie die Kosten der Versorgung, Unterkunft – in unserer Zeit auch der medizinischen Betreuung und Schulausgaben – für ein Waisenkind übernehmen.

Die uneigennützige, regelmäßige Tat um Allahs Willen wird mit dem Paradies und der Nachbarschaft des Propheten (s) im Jenseits vergolten, weil so wie die Gläubigen Beschützer und Freunde der Waisen im Diesseits sind, so ist Allah der Beschützer und Freund der Gläubigen im Diesseits und im Jenseits: „…Und Allah ist der Beschützer der Gläubigen.“ (Koran 3:68).

Rüstü Aslandur

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