Wenn wir das Opferfest feiern, so denken wir auch immer daran, dass es die Zeit der Hadsch ist. Wir verspüren eine tiefe Ergriffenheit, wenn wir die Bilder der um die Kaaba kreisenden Pilger sehen. Im vergangenen Jahr war aber alles anders. Um eine Ausweitung der Infektion mit dem Coronavirus zu verhindern, hatte die saudische Regierung beschlossen, nur einer sehr kleinen Anzahl an Pilgern unter Einhaltung strenger Hygiene- und Abstandsregeln, die Durchführung der Pilgerreise zu erlauben. So stand auch das Opferfest 2020, wie schon der Ramadan, unter dem Eindruck der Einschränkungen durch das Coronavirus. Für viele von den hier lebenden Muslimen bedeutete das in erster Linie, dass keine Gemeinschaftsgebete stattfanden, wie man sie aus den Jahren davor kannte. Manche Gläubige konnten vielleicht kein Kurban schächten (lassen), da es ihre finanzielle Situation nicht zugelassen hat. Ganz andere Ausmaße hatte die Situation der Menschen in den 15 Projektländern, in denen muslimehelfen 20 Kurbanprojekte erfolgreich durchführen ließ. Das Fleisch zum Opferfest ist für die meisten Begünstigten oft die einzige Fleischmahlzeit im Jahr. Wie auch für die Familie von Mobina. Sie ist 64 Jahre alt und lebt als Rohingya-Flüchtling in einem der Flüchtlingslager in Cox ́s Bazar in Bangladesch. Sie hat zwei Kilo Rindfleisch zum Opferfest erhalten und sagte:
„As-salamu alaikum. Das Leben im Flüchtlingslager ist sehr schwierig, da unsere Grundbedürfnisse nicht ausreichend durch die Hilfsorganisationen abgedeckt werden. Wir waren für lange Zeit nicht in der Lage Fleisch zu essen. Ich bin sehr glücklich, dass wir am heutigen Opferfest dieses Kurbanfleisch erhalten haben. Ich bete zu Allah für euch alle.“
Viele der Begünstigten arbeiten als Tagelöhner, Kleinhändler oder Kleinbauern. In normalen Zeiten reicht ihr geringer und unregelmäßiger Verdienst meist gerade so aus, um das Nötigste für den täglichen Bedarf zu kaufen. Wegen derAusgangssperren durften in vielen Projektländern die Menschen ihr Haus oder Viertel nicht verlassen. Somit konnten sie ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen und hatten folglich auch keinerlei Einkünfte. Bei den Ver teilungen des Kurbanfleisches wurde auch Wasser zum Händewaschen oder Desinfektionsspray bereitgestellt.
Für die Partner von muslimehelfen in den Projektländern bedeutete die Coronapandemie nicht nur eine Erschwernis beim Einkauf der Tiere, sondern auch beim Schächten und beim Verpacken des Fleisches.
Die Preise für die Opfertiere waren in manchen Ländern wegen der Pandemie noch stärker gestiegen als sonst üblich. In manchen Fällen waren nicht genügend Tiere einer bestimmten Größe vorhanden. Oder der Preis war so hoch, dass man eine andere Tierart gewählt hat. In Ländern wie Indien und Nepal, in denen eine mehrheitlich hinduistische Bevölkerung lebt, ist der Verkauf, Transport und das Schächten von Rindern (in Nepal nur von weiblichen Tieren) stellenweise verboten.
In diesen Ländern dürfen nur Büffel, Schafe oder Ziegengeschächtet werden. Auch die Verteilungen des Kurbanfleisches mussten unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln durchgeführt werden. In manchen der Projektländer haben freiwillige Helfer der Partnerorganisationen von muslimehelfen die Fleischportionen zu den Begünstigten nach Hause gebracht. Bei anderen Verteilungen wurde darauf geachtet, dass die Abstände in den Reihen der anstehenden Begünstigten eingehalten wurden, soweit das möglich war.
Die Begünstigten, die bei den Projekten von muslimehelfen berücksichtigt werden, sind schon zu „normaler“ Zeit von Armut betroffen, sei es, weil sie Flüchtlinge sind oder Witwen, Alleinstehende oder Menschen mit Behinderung. Für sie ist das Kurbanfleisch etwas ganz Besonderes. Mehr als 26.194 Familien konnten zum vergangen Opferfest mit Kurbanfleisch versorgt werden. Eine von ihnen ist die Familie von Daoudou. Er ist 40 Jahre alt und lebt in der togolesischen Stadt Mango. Er beschreibt den Erhalt des Kurbanfleisches so:
„Ich bin tief gerührt von diesem humanitären und sozialen Projekt, dass gerade von den Partnern von muslimehelfen und mit der finanziellen Unterstützung von muslimehelfen zu meinen Gunsten durchgeführt wurde. Ich bete aus tiefstem Herzen für die Spender zu Allah, dass er sie segnen möge. Ich bin mit meiner Familie in diesen Ort (Mango) gezogen, als die Unruhen hier ausbrachen. Wir mussten unseren Heimatort verlassen und haben alles verloren. Eure Spende von vier Kilo Fleisch wird meiner Familie Freude am Opferfest bringen. Möge Allah euch alle segnen.“