Die andere Seite der Nothilfe

Schwester Kashfa im Interview

Auf den Seiten zuvor sprachen wir über unsere Nothilfeprojekte im Zusammenhang mit Naturkatastrophen, doch es gibt auch andere Ursachen. Schwester Kashfa kann uns mehr darüber erzählen.

Schwester Kashfa, kannst Du Dich für unsere Leser kurz vorstellen und erläutern, welche Funktion Du in unserem Team erfüllst?

Kashfa: „Ich arbeite seit 2020 für muslimehelfen und zu meinen Aufgaben gehört die Entwicklung und Betreuung unserer Hilfsprojekte weltweit. Dabei arbeite ich eng mit unseren lokalen Partnern zusammen, um sicherzustellen, dass die Hilfe effektiv und nachhaltig umgesetzt werden kann und die Spenden ordnungsgemäß eingesetzt werden.“

Das heißt, Du kümmerst Dich auch um unsere Nothilfe?

Kashfa: „Ja, genau. Gemeinsam mit meinen Team-Mitgliedern aus der Projektabteilung beobachten wir kontinuierlich weltweite Entwicklungen und versuchen, bei akuten Notlagen gezielt zu handeln und auf entsprechende Projektanträge zu reagieren. Neben Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen gibt es jedoch viele weitere Notlagen, bei denen unsere Hilfe dringend benötigt wird.“

Interessant. Kannst Du uns erzählen, mit welchen Ursachen unsere Projektabteilung bei der Nothilfe außerhalb von Naturkatastrophen bisher noch konfrontiert wurde?

Kashfa: „Neben Naturkatastrophen gibt es zahlreiche weitere Ursachen, die zu humanitären Notlagen führen. Technische Defekte, wie Kurzschlüsse, können zu verheerenden Häuserbränden führen und ganze Gemeinden obdachlos machen. Auch politische Unruhen und bewaffnete Konflikte verschärfen die Situation vieler Menschen, die oft aus ihren Häusern fliehen müssen. Zudem haben politische sowie wirtschaftliche Krisen, wie steigende Lebensmittelpreise oder hohe Arbeitslosigkeit, gravierende Auswirkungen auf einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. In all diesen Fällen ist schnelle und gezielte Hilfe gefragt.“

Hast Du konkrete Projektbeispiele und kannst Du uns verraten, wie wir dank unserer Spender helfen konnten?

Kashfa: „Ja, gerne. Ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr sind verheerende Häuserbrände in Kambodscha. Zwischen April und Mai 2024 kam es in den Provinzen Phnom Penh, Kratie und Tboung Khmum zu mehreren Bränden, die durch ein Kabelbrand ausgelöst wurden.

8 Häuser wurden dabei vollständig zerstört. Insgesamt 14 Familien verloren ihr Zuhause und standen vor dem Nichts. Dank der großzügigen Spenden konnten unsere Partner schnelle Nothilfe leisten: Jede bedürftige Familie erhielt jeweils ein Lebensmittelpaket bestehend aus 50 kg Reis, 10 Dosen Thunfisch, 6 Flaschen Sojasoße, 1 Liter Öl und 2 kg Zucker sowie 500 € Bargeld. Diese Unterstützung war für die Betroffenen ein erster Schritt zurück zur Normalität.

Ein weiteres Beispiel ist unsere Unterstützung für Teeplantagenarbeiter in Bangladesch, die aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der National Tea Company infolge von Korruption und politischer Instabilität monatelang keine Löhne erhielten. Die Krise verschärfte sich nach dem Regierungswechsel im August 2024, als führende Unternehmensvertreter der National Tea Company flüchteten und die Arbeiter ohne Einkommen zurückließen. Um ihre Grundversorgung zu sichern und Erleichterung zu schaffen, wurden Lebensmittelpakete verteilt.

Auch die anhaltende Notlage der Rohingya-Flüchtlinge zeigt, dass Nothilfe nicht nur bei plötzlichen Katastrophen, sondern auch bei langfristigen Krisen notwendig ist. Unsere Unterstützung umfasst hier unter anderem Nahrungsmittelhilfe, Winterhilfe und weitere Maßnahmen.“

Kambodscha: Häuserbrand 2024

In welchem Verhältnis stehen solche Nothilfe-Projekte im Vergleich zu den Projekten im Zusammenhang mit Naturkatastrophen?

Kashfa: Im letzten Jahr haben wir insgesamt 25 Nothilfeprojekte umgesetzt, von denen rund 70 % auf Naturkatastrophen zurückzuführen waren. Die verbleibenden 30 % waren auf humanitäre Hilfe in Folge anderer Krisensituationen ausgerichtet.

Das zeigt, dass ein signifikanter Teil unserer Arbeit in Notlagen erfolgt, die nicht durch Naturkatastrophen ausgelöst wurden. Unabhängig von der Ursache ist es unser Ziel, den betroffenen Menschen so effektiv wie möglich zu helfen. Denn jede Notlage bedeutet für die Betroffenen Angst, Unsicherheit und Entbehrung, und genau hier möchten wir mit Eurer Unterstützung ansetzen.“

Gibt es eine Geschichte oder ein persönliches Erlebnis aus Nothilfe-Projekten, das Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Kashfa: „Ich erinnere mich noch gut an meine Anfangszeit bei muslimehelfen, als ich mir die Bilder unserer Projekte ansah. Besonders geprägt hat mich eine Reihe von Aufnahmen aus der Hungerhilfe in Kenia, wo seit Jahren eine schwere Dürre herrscht. Eines dieser Bilder hat sich bis heute in mein Gedächtnis eingebrannt – es zeigte die verheerenden Auswirkungen der Trockenheit auf das Land, verendete Tiere und Menschen, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen und sich auf die Suche nach lebensnotwendigen Ressourcen zu begeben. Diese Unsicherheit begleitet viele von ihnen bis heute, denn die anhaltende Dürre nimmt ihnen jede Existenzgrundlage. Deshalb leisten wir weiterhin Hungerhilfe in Kenia, um den Betroffenen zumindest ein Stück Stabilität und Hoffnung zu geben.“

Lebensmittelhilfe für Teeplantagenarbeiter in Bangladesch

Vielen Dank für die Einblicke in die Ursachen unserer Not- und Katastrophenhilfe, Schwester Kashfa!

Kashfa: „Gern geschehen! Bei weiteren Projektfragen stehe ich jederzeit zur Verfügung.“

Möge Allah Euch für Eure Großzügigkeit reichlich belohnen! Amin.

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