„Gepriesen sei Der, Der bei Nacht Seinen Diener von der heiligen Moschee zu der fernen Moschee, deren Umgebung Wir gesegnet haben, hinführte, auf dass Wir ihm einige Unserer Zeichen zeigten. Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allsehende.“ (Koran 17:1)
In der Nacht vom 26. zum 27. Radschab (des 7. Monats des Hidschri-Kalenders) jährt sich die Begebenheit der „Isra’ und Miradsch“. In jener Nacht ereignete sich die Nachtreise (Isra’) von Mekka am Masdschidil al-Haram nach Jerusalem zur Bait ul-Maqdis und die Himmelfahrt (Miradsch) des Propheten Muhammad (ﷺ) vom dortigen Felsendom zu Allah (subhanahu wa ta’ala) in die Himmel. Dieses historische Ereignis fand etwa eineinhalb Jahre vor der Hidschra statt und wird im Koran in der Sura al-Isra’ (17) angedeutet. Der ausführliche Bericht über diese mit Wundern ausgestattete Begebenheit wird in einem (als ahad klassifizierten) Hadith, der auch in Sahih Muslim zu finden ist, erläutert.
Zusammengefasst wird in dem von Anas bin Malik überlieferten Hadith berichtet, dass der Prophet Muhammad (ﷺ) in der besagten Nacht nach Al-Quds (Jerusalem) gebracht wird. Der Gesandte Allahs (ﷺ) steigt von dort auf einem Reittier und mit dem Engel Jibrīl in die sieben Himmel, wo er in verschiedenen Himmeln einige Propheten (‚alayhim as-salaam) trifft. Danach werden ihm das Paradies und die Hölle gezeigt. Ab einem bestimmten Punkt muss sein Begleiter, der Erzengel Jibrīl, zurückbleiben und nur er (ﷺ) wird zu Allah vorgelassen. Allah führt ein vertrauliches Gespräch mit Seinem Gesandten (ﷺ) .
In diesem Gespräch teilt Allah (subhanahu wa ta’ala) mit, dass Er den Gläubigen das Gebet schenkt, die letzten Ayaat der Sure al-Baqara werden offenbart und Allah gibt Seinem Propheten (ﷺ) die frohe Botschaft, dass jeder (irgendwann), der die Einheit Allahs bezeugt, ins Paradies eingelassen wird.
Über dieses Ereignis wurden und werden unter verschiedenen Blickwinkeln Diskussionen unter den Muslimen geführt. Zum Beispiel, ob die Nacht- und Himmelsreise des Propheten (ﷺ) geistig oder physisch war. Oder, ob es eine bid’a (Erneuerung in der Religion) ist oder nicht, dieses Ereignis zu feiern. Aber manchmal wird auch die heutige politische Dimension, die Unterdrückung der Menschen in Jerusalem und Palästina und ihre Befreiung usw. diskutiert.
Das sind zwar alles interessante Diskussionen, sind dies aber die wichtigeren Aspekte dieses Ereignisses? Meiner Ansicht nach gibt es entscheidendere Botschaften bei der Isra’ und Miradsch, von denen einige hier angeschnitten werden sollen.
Zunächst einmal ist der historische Zusammenhang ganz wichtig: kurz vor der Miradsch hatte der Prophet (ﷺ) seine beiden großen Unterstützer Khadischa, seine Ehefrau (radiAllahu anha), und seinen Onkel Abu Talib verloren. Zudem hatte sich die starke Hoffnung des Gesandten (ﷺ) nicht erfüllt, dass vielleicht manche Leute in der Stadt Taif die Botschaft Allahs annehmen. Die Möglichkeit der Hidschra nach Yathrib (später Medina) war zu diesem Zeitpunkt nicht offensichtlich, also auch dort kein Ausweg sichtbar. Die Unterdrückung nahm aber immer mehr zu, damit wurde auch die Sorge des Gesandten Allahs (ﷺ) um die Botschaft und die Lage für die Muslime immer schwieriger.
Zu diesem Zeitpunkt geschieht die Miradsch. Der Prophet (ﷺ) berichtet seiner Umgebung über dieses Ereignis. Die Muschrikun (Götzendiener) haben, wie erwartet, nur Hohn und Spott für ihn übrig. Selbst einige Muslime geraten ins Wanken und fallen vom Islam ab. Andere Muslime bestätigen den Gesandten Allahs (ﷺ), so dass z.B. Abu Bakr in diesem Zusammenhang den Beinamen, as-Siddiq (der Wahrheitsliebende, der Aufrichtige), erhält.
Für den Propheten Muhammad (ﷺ) war diese Begebenheit also zweifellos eine Stärkung. Denn Allah zeigt ihm Seine Wunder und der Prophet (ﷺ) trifft sich mit anderen Propheten Allahs, die ähnliches erlitten. Er sieht mit eigenen Augen das Paradies und die Hölle. Und: Er führt ein vertrauliches Gespräch seinem „engsten Freund“!
Was wir daraus lernen können, ist, dass Allah, der Erhabene, Seine Knechte in schwierigen Situationen nicht im Stich lässt – besonders nicht bei der Dawah. Das kann auch in solch einer „wunderbaren“ Weise, wie bei der Miradsch, geschehen.
Eine weitere Lehre ist, dass der Prophet (ﷺ) als abschließender Gesandter geschickt ist, der Imam aller Propheten und Gesandten ist und er die höchste Stellung bei seinem Herrn besitzt. Daraus folgt natürlich, dass er (ﷺ) das Vorbild und Beispiel für alle Menschen bis zum Jüngsten Tag bleiben wird.
Das Pflichtgebet als Geschenk, das einen Gläubigen mit seinem Herrn in einen Dialog führt, ihn seinem Schöpfer näher bringt, seine Sünden tilgt und ihm auf dem geraden Weg (siratun-mustaqiim) hält, ist ein weiterer Gesichtspunkt. Und steigt nicht der Gläubige (mu’min) im Gebet – ähnlich wie bei der Miradsch – zu Allah auf?
Das bemerkenswerteste bei der Miradsch ist aber wahrscheinlich die größte frohe Botschaft, die Allah seinen Diener geben kann: Alle Menschen kommen ins Paradies, die keinen Götzendienst begehen. Anders ausgedrückt: Allahs Barmherzigkeit ist so groß, dass Er selbst denen vergeben wird, die (nur) Seine Einheit bezeugen!
Auch wenn das Ereignis der Miradsch keinen islamischen Feiertag darstellt und an diesem Tag keine besonderen Gottesdienste diesbezüglich vorgesehen sind, macht es doch Sinn, sich dieses Ereignisses zu erinnern und sich dieser Lehren bewusst zu sein.
Und Allah weiß es am besten!