Alljährlich begehen wir Muslime das Opferfest (idul-adhha, kurban bayram). Aus diesem Anlass schlachten wir ein Opfertier. Diejenigen von uns, die zu dieser Zeit die Wallfahrt verrichten, tun dies in Mina bei Mekka, die anderen meist dort, wo sie leben. Doch gleich an welchem Ort, das Opferfest und das Schlachtopfer erinnern uns an die Geschichte des Propheten Ibrahim (Abraham) (a.s.), dessen Glaube und Fügung in Gottes Willen von Allah geprüft wurde. Ibrahim stand vor der Frage: Sollte er wirklich so weit gehen, auch dem geliebten Sohn das Leben zu nehmen, wenn sein Gehorsam Allah gegenüber dies erforderte? Und Ibrahims Sohn stand vor der Frage: Sollte er wirklich bereit sein, wenn sein Gehorsam gegenüber Allah dies notwendig machte, das eigene Leben zu geben?
Wir alle kennen den Ausgang dieser Geschichte: Ibrahim und sein Sohn waren bereit, selbst dieses Ausmaß ihres Gehorsams Gott gegenüber zu erweisen, Allah nahm diese ihre Opferbereitschaft an, ersparte ihnen die eigentliche Opfertat, ließ sie stattdessen ein Opfertier schlachten (Koran 37:107) und lässt uns Muslime bis heute in Erinnerung an diese Prüfung das Opferfest mit dem Schlachten von Opfertieren begehen. Doch die Geschichte von Ibrahim und seinem Sohn ist nicht die einzige im Koran, bei der es um das Opfern und insbesondere die Opferbereitschaft geht. Schon von den Söhnen Adams wird berichtet, dass sie Gott Opfer brachten „und es wurde von einem beider angenommen und nicht angenommen von dem anderen“ (5:27). Ohne weiter auf Einzelheiten einzugehen, wird dadurch deutlich: Nicht alles, was der Mensch als Opfer ansieht, ansehen oder angesehen haben möchte, ist wirklich Opfer vor Gott.
Und dann ist da auch die Geschichte vom Propheten Musa (Moses) (a.s.). In Gottes Auftrag verlangte er von seinem Volk, eine Kuh zu schlachten. Doch die Leute wollten das nicht und taten so, als könnten sie diese Aufforderung nicht verstehen. Erst nach langem Hin und Her hatten sie keine Ausflüchte mehr und schlachteten die Kuh – „fast hätten sie es nicht getan“ (2:71).
Hier erweist sich, dass nicht jedes Opfer, das erbracht wird, bereitwillig geschieht. Es schein vielmehr, dass manchmal eher die Umstände als die eigentliche Opferbereitschaft ausschlaggebend sind.
Zudem heißt es im Koran von den Opfertieren:
„Sicher erreicht nicht ihr Fleisch Allah und nicht ihr Blut, sondern es erreicht Ihn die Gottesfurcht von euch …“ (22:37). Damit ist klar gesagt, dass es in erster Linie nicht auf die Umstände, auf das Äußere und das Materielle ankommt, sondern auf die innere Einstellung, die mit dem Opfern verbunden ist.
Das bedeutet aber auch nicht, dass nun das eigentliche Schlachten, durch das Fleisch und Blut erst anfallen, völlig bedeutungslos wäre. Über die Opfertiere wird ja gesagt: „so esst davon und speist den bedürftigen Unglücklichen“ (22:28) und weiter: „Esst von ihnen und speist den Bescheidenen und den Beschämten.“ (22:36). So kommt das Schlachten am Tag des Opferfestes zweifellos den Bedürftigen und Notleidenden zugute, von denen es auch heutzutage auf unserer Erde zu viele gibt. Sie brauchen Unterstützung und Hilfe, und selbst mit einer Fleischportion ist vielen von ihnen geholfen. Aber mit einem Festmahl im Jahr ist es für die Menschen in Not da nicht getan. Sie brauchen weitergehende Hilfe von uns, die darüber hinausgeht. Das Opferfest, das Opfern und die rechte Opferbereitschaft, die an diesem Tag zum Ausdruck kommt, erinnern uns nicht nur an die Geschichte von Ibrahim und seinem Sohn, sondern auch daran, dass von uns, angesichts der Bedürftigkeit und Not zahlreicher unserer Mitmenschen, viel weitergehende Hilfsbereitschaft erforderlich ist als einmal im Jahr ein Tier zu schlachten.
[button size=large style=less_round color=green align=none url=https://www.muslimehelfen.org/spende/camp/kurban/01]JETZT DEIN KURBAN FÜR BEDÜRFTIGE SPENDEN![/button]
Autor: Ahmad von Denffer