Allah (swt) teilt uns im Koran mit, dass der Mensch vergesslich ist. So ist er erschaffen. Es gibt aber einen Weg, um diesem Mangel zu begegnen: Erinnerung (arab. dhikr)!
So sehen wir es auch als einer unserer Aufgaben an, immer wieder auf manche wichtige Sachverhalte hinzuweisen und daran zu erinnern. Eines dieser wichtigen Themen ist „Waisen“.
Waisen werden auf Arabisch „yatiim“ bezeichnet, was aus der Wortwurzel „yutm“ abgeleitet wird. Als Fachbegriff in der islamischen Rechtswissenschaft bedeutet yatiim (Pl. yataamaa, aytaam) also, wenn ein Junge oder Mädchen vor der Pubertät seinen bzw. ihren Vater verliert. Auch Frauen, die ihren Mann verloren haben und somit allein stehend bzw. verwitwet sind, werden in der islamischen Fachliteratur als „yatiim“ bezeichnet.
Waisen sind in der Gesellschaft fast immer benachteiligt und deshalb sollen ihre Angelegenheiten den Gläubigen, die die vertrauenswürdigsten Menschen sein sollten, übergeben werden. So ist es die moralische und islamrechtliche Pflicht eines Muslims die Waisen in der Gesellschaft zu beschützen, sie zu versorgen und sich z.B. auch um ihre Schulbildung und ihr Auskommen zu kümmern. Der Koran fordert die Muslime auf, die Situation der Waisen zu verbessern und sie gut zu behandeln:
„…. Und sie fragen dich nach den Waisen. Sag: Ihr sollt das tun, was für sie gut ist, und wenn ihr euch mit ihnen zusammentut, sind sie eure Brüder ….“ (2:220)
Wenn man die Waisen im eigenen Haus aufnimmt, soll man sie als Glaubensgeschwister betrachten und entsprechend mit ihnen umgehen.
An mehr als 20 Stellen im Koran wird auf die Wichtigkeit der Fürsorge der Waisen hingewiesen und z.T. werden detaillierte Gebote zur Umsetzung dazu gegeben.
Unser geliebter Prophet Muhammad (s) hat diejenigen, die Waisen aufnehmen oder sich um sie kümmern, die frohe Botschaft des Paradieses gegeben.
Der Prophet (s) selbst war ja seit seinem sechsten Lebensjahr Vollwaise und kannte aus eigener Erfahrung, das Gefühl und die Schwierigkeiten als Waisenkind aufzuwachsen.
An der Geschichte von Anas bin Malik (r.a.) erfährt man, wie der Prophet (s) mit Waisen umgegangen ist. Die Mutter von Anas (r.a.) gab ihren Sohn in die Dienste des Propheten Muhammad (s). Anas’ leiblicher Vater, Malik b. Nadr, war zuvor gestorben und hatte seine Frau Ummu Sulaym, als Witwe und Anas, als Waisenkind, zurückgelassen. Der Prophet (s) akzeptierte das Angebot der Mutter und nahm den klugen Anas in seine Obhut. Etwa zehn Jahre blieb Anas in den Diensten des Propheten (s) und wir erfahren in den Überlieferungen, dass er (s) ihn niemals grob behandelte oder mit ihm schimpfte. Einer der Gründe dafür war wahrscheinlich die Tatsache, dass Anas eine Waise war. Der Gesandte Allahs (s) hielt sogar seine Frauen zurück, wenn Anas etwas angestellt hatte. Er (s) sagte dann zu ihnen: „Lasst den Jungen“. Übrigens sind wir durch die Berichte, die gerade auf den kleinen Waisenjungen Anas zurückgehen, heutzutage in der Lage zu erfahren, wie der Prophet (s) mit Kindern umgegangen ist und wie nachsichtig er (s) mit ihnen war.
Die Woche der Waisen (WdW) ist eine sehr gute Gelegenheit, dieses Wissen um die Waisen in unserer Umgebung mit unseren Mitmenschen zu teilen. Zudem bietet es uns die Möglichkeit unserer Pflicht gegenüber den Waisen nachzukommen und dem „besten Vorbild“, unserem geliebten Propheten Muhammad (s), nachzueifern.